Interviewreihe “Fit für die Gründung – Profis starten durch!”

25.10.2022

In diesen Interviews erzählen uns Gründerinnen und Gründer ihre persönliche Existenzgründungsgeschichte. Gemeinsam haben sie, dass sie den Sprung in die berufliche Selbstständigkeit aus einer Anstellung wagten.

Folge – 7 – KwerlingIT GmbH

Die KwerlingIT GmbH ist ein Softwareunternehmen, das KMUs durch maßgeschneiderte Softwarelösungen bei der Prozessautomatisierung unterstützt. Die konkreten Einsatzfelder sind vielfältig. Häufig werden hierbei Schnittstellen unterschiedlicher Programme bzw. Softwarepakete miteinander verknüpft. Gesammelte Daten werden aggregiert, zusammengestellt und ausgewertet. Der manuelle Aufwand z.B. bei Verwaltungsaufgaben im Unternehmen wird dadurch wesentlich minimiert.
Das Portfolio, das der geschäftsführende Gesellschafter Kristof Werling anbietet, umfasst auch Softwareentwicklung, Trainings bis in die Beratung bei der Migration von existierenden Lösungen in die Cloud.
Aktuell entwickelt der Unternehmer gemeinsam mit Kooperationspartnern ein Angebot, das kleine und mittelgroße Unternehmen dabei unterstützt, ihre IT und IT-Sicherheit professionell zu managen.

Wie sah Ihr Gründungsprozess aus?

Kristof Werling: Meine Gründung hat sich, bedingt durch die Coronapandemie, deutlich in die Länge gezogen. Es lag über ein halbes Jahr zwischen der geplanten und der tatsächlichen Gründung der GmbH, die im 4. Quartal 2020 erfolgte.

Während der gesamten Gründungsphase wurde ich sehr professionell von der Agentur für Arbeit begleitet. Ich hatte meine Gründungspläne mit meiner Beraterin besprochen und sie hat mich z.B. zu den Fördermöglichkeiten für Existenzgründer sehr gut beraten.

Wie war Ihre berufliche Ausgangssituation vor der Gründung?

Vor der Gründung war ich 31 Jahre bei Hewlett-Packard (Enterprise), bzw. DxC beschäftigt. Ich habe dort in weltweiten Projekten mitgearbeitet und habe diese auch geleitet. Ich erstellte Software erst als Programmierer, später dann als Designer/Architekt und begleitete den Rollout von Softwarelösungen in multinationalen Umgebungen für zehntausende Server und hunderttausende Nutzer.

Wie kam es zu Ihrer Entscheidung, sich beruflich selbstständig zu machen?

Schon seit mehr als 20 Jahren lässt mich die Idee der beruflichen Selbstständigkeit nicht los. Allerdings war mir in der Vergangenheit das Risiko, mit der Verantwortung für zwei kleine Kinder zu groß. Ende 2019 hatte sich die familiäre Situation entwickelt, sodass ich der Meinung war, den lang gehegten Traum der Unternehmensgründung jetzt angehen zu können. Außerdem hatte sich über die letzten Jahre bei meinem Arbeitgeber immer deutlicher gezeigt, dass dort die Zukunft nicht in der Softwareerstellung gesehen wurde. Diese ist jedoch seit 1979 meine große Leidenschaft!

Welche Bedenken bzw. Ängste hatten Sie im Zusammenhang mit der Gründung und wie sind Sie damit umgegangen?

In den 31 Jahren meiner Festanstellung konnte ich mich immer auf meine direkte fachliche Aufgabe konzentrieren. Ich musste mir keine Gedanken darüber machen, wie ein Folgeprojekt akquiriert wird, mit dem ich mich beschäftigen kann. Mir war von Anfang an bewusst, dass ich technische Probleme sehr gut lösen kann, jedoch in der Kundenakquise so gut wie keine Erfahrung hatte. Dies stellte sich als neue Herausforderung mit viel Lernpotenzial dar.
Es zeigte sich, dass einige Aspekte der Gründung anders verliefen, als ich es mir in der Vorbereitung vorgestellt hatte. Ich hatte mir im Vorfeld der Gründung z.B. viele Gedanken zur Firmierung gemacht und fand sehr ansprechende Namen. Allerdings stellte sich beim Überprüfen häufig heraus, dass diese Namen oder sehr ähnliche schon auf die eine oder andere Weise im Web verwendet wurden. Nicht selten war auch der Domainname bereits vergeben. So war ich unerwartet lange damit beschäftigt, um den heutigen Firmennamen zu erarbeiten.

Welche Veränderungen brachte die Selbstständigkeit für Sie?

Ich habe durch die Selbstständigkeit deutlich mehr zeitliche Flexibilität und Zeithoheit gewonnen. Auch wenn ich jetzt häufig deutlich längere Arbeitstage habe wie früher.
Meine Denk- und Sichtweise hat sich gewandelt. Als Angestellter stellte ich mir meist die Frage „Wie löse ich diese (technische) Aufgabe?“ Heute steht im Vordergrund „Wie kann ich für meinen Kunden Nutzen stiften, damit ggf. ein Problem erst gar nicht entsteht?“

Was ist für Sie besonders reizvoll in der beruflichen Selbstständigkeit?

Ich kann mein Verständnis und meine Expertise im Zusammenspiel von IT und Betriebswirtschaft sehr gut einbringen. Diese Möglichkeiten gehen weit darüber hinaus, was in meiner Zeit als Angestellter möglich war.

Es macht mir sehr viel Spaß, die (potenziellen) Kundenunternehmen kennenzulernen und meinen Entscheidungsspielraum zu nutzen, um genau die Kundenprojekte zu akquirieren, die ich interessant finde und die zu mir passen! In diesem Zusammenhang ist für mich ein großer Reiz, mit den Kunden gemeinsam Probleme aufzudecken und dann auch zu lösen, auch die, die vorher ggf. noch nicht ersichtlich waren.

Was waren in bzw. nach der Gründung die größten Herausforderungen? Wie sind Sie damit umgegangen?

Geplant hatte ich schon 2020 nahtlos nach Beendigung meines Arbeitsverhältnisses mit meinem Unternehmen zu starten. Ich hatte schon Gespräche mit anderen Unternehmen geführt, um die ersten Aufträge zu erhalten – alles sah sehr gut aus. Allerdings machte Corona diesen Start zunichte. Die in Aussicht gestellten Aufträge lösten sich in Luft auf. Deswegen entschied ich mich erst noch einmal abzuwarten. Als sich dann eine Coronawelle an die nächste reihte und die Maßnahmen dagegen auch immer drastischer wurden, entschied ich mich trotzdem loszulegen.

Wie kam es dann zum ersten Auftrag?

Den ersten Kunden habe ich dann durch meine Neugier gewonnen. Ich war auf einem Informationsabend, auf dem sich verschiedene Unternehmen vorstellten. Ein Betrieb interessierte mich besonders. Ich kam ins Gespräch mit den Gründern und im Verlauf stellte sich heraus, dass dieses Unternehmen das Testen ihrer Software automatisieren wollte. Daraus hat sich dann ein Workshop zur automatisierten Softwaretestung ergeben.

Welche Tipps und Anregen geben Sie Gründungsinteressierten weiter?

1) Mir hat es sehr geholfen, dass ein externer Berater auf meinen Businessplan geschaut hat. Es war sehr hilfreich, diesen Blick durch die „neutrale“ Brille auf meine eigenen Ideen zu bekommen und diese dann auch nochmal anzupassen. Für diese Leistungen kann man auch Fördermöglichkeiten nutzen.

2) Die Anbahnung von Aufträgen dauert mitunter lange und es ist viel Vorlaufzeit erforderlich! Man sollte sich darum nicht auf einen einzigen Auftrag versteifen, sondern parallel aktiv sein und am Ball bleiben! Wichtig ist es hierbei, dass man mit den richtigen Personen im Unternehmen spricht. Es nützt nichts, den direkten (fachlichen) Ansprechpartner zu überzeugen und den internen Geldgeber außen vorzulassen.

3) Relevante Veranstaltung besuchen, um dort mit potenziellen Kunden und Netzwerkpartnern ins persönliche Gespräch zu kommen und Input zu bekommen, was diese bewegt. Weiterbildungen und Schulungen nutzen, um sich richtig aufzustellen und weiterzuentwickeln. Ich war z.B. begeistert vom mehrteiligen Gründer Curriculum, das im AI xpress angeboten wurde.

Warum haben Sie sich für eine Ansiedlung im Softwarezentrum entschieden? Welchen Mehrwert ziehen Sie daraus?

Das Softwarezentrum bot mir die ideale Umgebung, um mein IT-Unternehmen anzusiedeln. Die benötigte Infrastruktur stand mir dort vom ersten Tag an zur Verfügung, das Preis-Leistungsverhältnis ist gut und es besteht große Flexibilität bei der Vertragsgestaltung. Das war und ist für mich als Gründer entscheidend. Der Leiter des Zentrums, Hans-Ulrich Schmid engagiert sich sehr für seine ansässigen Unternehmen. Er ist interessiert und fördert die Entwicklung und insbesondere auch die Vernetzung. Durch die Kooperation des Softwarezentrums mit dem AI xpress ergeben sich viele Kontaktpunkte, die auch schon zu mehreren Aufträgen geführt haben.

Welche zwei unternehmerischen Wünsche haben Sie für die Zukunft?

Der erste Wunsch ist, dass es so weiter geht: Interessante Kunden und vielfältige Aufgaben. Mein zweiter Wunsch ist, dass sich mein Unternehmen zu einem attraktiven Arbeitgeber entwickelt. Die GmbH darf wachsen und dann möchte ich nach und nach Mitarbeiter:innen an Bord nehmen, um noch größere Projekte zu stemmen. Meine Vision ist es, aus dem Unternehmen ein Familienunternehmen zu machen, in dem auch meine Kinder ihren Platz finden und somit die langfristige Fortführung gesichert ist. Das ist mein ganz großes Bestreben, vorausgesetzt meine Kinder tragen das mit!

Herzlichen Dank für den Einblick und die Anregungen!

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